Sonntag, den 28.6.1931 wurde mit Genehmigung der Regierung in Merseburg das diesjährige Kinderfest – Kindertanz genannt – in ortsüblicher Weise bei prächtigstem Sommerwetter gefeiert. Um 14 Uhr ordneten sich auf dem Schulhof die 200 Schulkinder zum Festzug und unter Führung des hiesigen Trommler- und Pfeiferkorps und einer Musikkapelle zog man durch die Dorfstraßen, die an vielen Stellen mit bunten Eier- und Läpper- (d.h. Läppchen) – Ketten überspannt waren. Die kleinen Jungen trugen Blumenstäbe, die Mädchen schritten in hellen, bunten Sommerkleidern, Blumenkränze im Haar, unter ihren Blumenbogen. Nach guter halber Stunde kam man auf dem sich vor der Dorfschenke an der Helme hinziehenden Festplatze an, der vom Gastwirt Ferdinand Angelstein mit Zelten ausgestattet, von kinderlieben, schulfreundlichen Vätern mit frischem Grün, das in Sundhausen leider so rar ist, herausgeputzt und an seinen Zugängen von Eintrittsgeld heischenden Helfern besetzt war. Eine Polonaise sämtlicher Kinder leitete das Festgeschehen ein. Die Kinder wurden dann in 4 Gruppen geteilt: kleine Jungen, große Jungen, kleine Mädchen, große Mädchen. Jeder der 4 Lehrer, die es damals in Sundhausen gab: Fritze, Wiegleb, Tappe und Beier, betreute und beschäftigte eine dieser Gruppen mit Sing-, Kreis- und Wettspielen. Bei Topfschlagen, Eiertragen, Sackhüpfen, Blumentopfwandern und Korbballspiel konnte sich jedes Kind seinen Preis erringen, bestehend aus kleinen Schulgebrauchsdingen. Die Zuckerbrezeln mußten sich die großen Jungen von der Kletterstange herunterholen; die Mädchen konnten sie sich erhüpfen. Die großen Mädchen führten, eng umstanden von den zuschauenden Eltern, eine Reihe Volkstänze auf. Sie hatten es bei ihren Müttern durchgesetzt, dabei einheitlich in roten Röcken und schwarzen Miedern zu erscheinen, wenngleich das Tanzen für sie bei der herrschenden Sonnenglut und in dem aufgewirbeltem Staube in leichter Sommerkleidung nicht so anstrengend gewesen wäre. Aber die liebe Eitelkeit putzt sich nun einmal so gern. Der schmale Festplatz konnte alle Kinder in ihrem Bewegungsbedürfnis kaum fassen. Ein Teil der Kinder belustigte sich deshalb im Saale der Schenke beim Klange der Musik mit Tanzen, Scherbeln, Drehen, Springen und Hoppeln, je nachdem, was Geschicklichkeit und Taktgefühl hergaben. Hierbei spielten die in Sundhausen noch bekannten drei Volkstänze eine Rolle:
Es geht nichts über die Gemütlichkeit,
Herr Schmidt, was bringt denn Röschen mit
Und mit den Füßen trapp, trapp, trapp
Selbst nach der Abendbrotzeit wurde noch tüchtig getanzt, weil sich die Jugend nicht sattspringen und sich das Alter nicht daran sattsehen kann. Weil andern Tages für die kleineren Schulkinder unterrichtsfrei und für die größeren eine „Freiherr- vom Stein- Feier“ angesetzt war, konnte man erst gegen 20 Uhr mit dem Kinderfest Schluß machen. Alle Unkosten konnten von den Eintrittsgeldern und einem Zuschuß aus der Gemeindekasse gedeckt werden. Ein kleiner Überschuß wird im August für die Reichsjugendwettkämpfe verwandt werden.
Die Texte der Tanzlieder:
Herr Schmidt, Herr Schmidt,
was bringt denn Röschen mit ?
Ein´n Schleier und `n Federhut !
Das steht dem Mädchen gar zu gut.
Und mit den Füßen trapp, trapp, trapp,
und mit den Händen klapp, klapp, klapp.
Hüte dich, wahre dich,
morgen kommt der Stock auf dich!
Es geht nicht über die Gemütlichkeit,
haben wir kein Geld, so haben`s andre Leut.
Ei ja, ei ja.