Kirchenvisitation 1873

Seit 1869 amtierte in Sundhausen der Pastor Glöckner. Seine Frau war die Tochter seines hiesigen zweiten Amtsvorgängers. 1873 fand hier eine Kirchenvisitation statt, was beinahe eine Seltenheit war. Aus ihrem Protokoll erfährt man folgendes:

Im Kircherat sitzen Baron von Karlsburg, Peter, Kunze und Kersten. An den Abendmahlsfeiern nehmen im Jahre 329 Gottesdienstbesucher teil, etwa ebensoviel wie um das Jahr 1930, wo die Einwohnerzahl um das Dreifache gestiegen war. Pfarrer Glöckner führte die Sonntagsnachmittagsgottesdienste strenger durch, als es sein Vorgänger getan. Sie fielen nun nicht mehr wegen einer Taufe aus. Von Martini, dem 10. November, bis in die Fastenzeit, also bis vor Ostern, hält er Missionsgottesdienste, anschließend 5 Passionsgottesdienste und bei Erntebeginn früh 5 Uhr eine Erntebetstunde. Winters beginnt der Sonntagsfrühgottesdienst um 10, sommers um 9 Uhr. Die Gottesdienste werden von durchschnittlich 60 Erwachsenen, festtags von mehr besucht, in der Erntezeit von weniger. Drei Personen kommen gar nicht in die Kirche, die eine weil sie die Luft nicht vertragen könne, die andere weil sie halb taub sei. Um der herrschenden Hausbettelei zu steuern, wird eine Armenkasse eingerichtet, die vom Amtsvorsteher, dem Herrn von Karlsburg, geführt wird und in die jeder Einwohner einen freiwilligen Beitrag zahlt. Die Bettler werden von den Angesprochenen an den Pfarrer verwiesen, dieser sieht ihre Papiere nach und gibt ihnen Marken, die sie auf der Karlsburg gegen Geld einwechseln können. Die Kirchengemeinde hat zwei Kirchenvorsteher, die die Kirchengelder einnehmen und darüber Rechnung legen. Zwei Altaristen tragen abwechselnd den Klingelbeutel bei den Gottesdiensten herum, decken den Altar und sorgen für das Abendmahl.

Am 1.10.1874 wurden überall die staatlichen Standesämter eingerichtet. Eintragungen der Kirchenämter können nur auf Grund der Eintragungen der Standesämter erfolgen.