Der Kirchturmknopf 1880

Die Wetterfahne Bei der Ausbesserung der Schieferumkleidung des Kirchturms fand sich, daß die Löcher im Kirchturmknopf, die durch einen Büchsenbeschuß des Leutnants von Biela, der ehemals das von Bielasche Freigut besessen, hineingeschossen wurden, sich derartig erweitert hatten, daß der Regen durch sie drang und die Spindel schädigte. Man beschloß, den Knopf abzunehmen und die Kugel auszubessern. Am 9.7.1880 wurde der Knopf abgenommen. Eine Urkunde fand sich nicht darin. Die Gemeindebehörde beschloß deshalb, zur Erinnerung für die Nachwelt einige Nachrichten für die Kirche Sankt Laurentii und die Gemeinde Sundhausen aufzuschreiben und in den Turmknopf zu legen. Man verschafft sich also einen Auszug aus der Kirchen-, Pfarr- und Schulchronik der Gemeinschaftsämter Heringen und Stolberg und der Grafschaft Hohenstein von Justinius Günther Leopold, Pastor zu Leimbach und Petersdorf, aus dem Jahre 1817. Darin heißt es über Sundhausen:

„Ehemals bestand dieses Dorf aus einem Klostergut und 6 Klosterhöfen, welche alle den Prämonstratensern in Ilfeld gehörten; außerdem waren noch 12 kleine Häuser daselbst. Mit dem Gute belehnten sie „die von Sundhausen“, von welchen Hans und Balthasar, beide Nordhäuser Stadtoffiziere, die namhaftesten waren. Den besten der Klosterhöfe überließen sie der Familie von Biela, die ihn noch besitzt, und 5 Klosterhöfe vermeyerten (=verpachteten) sie so, wie sie noch jetzt vermeyert sind. Aus den 12 kleinen Nebenhäusern erwuchsen nach und nach mehrere, so daß der ganze Ort gegenwärtig aus 51 Häusern besteht und 320 Seelen hat. Diesen Zuwachs hat Sundhausen wahrscheinlich größtenteils von den Einwohnern der durch die Flegeler eingeäscherten Dörfer Ascherswenden und Nentzelsrode (früher so genannt: Askolveswenden und Nanzenrod), welche die Kanonici (Stiftsherren) der Stiftskirche zu Sankt Petri zu Jechaburg 1506 an Hans von Sundhausen verliehen, ausgenommen das Heiligenholz, welches den Männern zu Uthleben verblieb. – In der Folge kam das Rittergut an die Familie von Karlsburg, die es noch besitzt und sich beim Kirchen- und Turmbau einen unvergeßlichen Namen erworben hat. Es wurde nämlich die uralte, unbrauchbare Kirche – ihr Name ist St. Laurentii – abgebrochen und neu aufgebaut, welche auch weit und breit die schönste Dorfkirche geworden ist. Der Bau begann 1785 unter Leitung des seeligen Amtmanns Erich, eines Ilfeldschen Zinsgutsbesitzers, und des seeligen Pastors Kartheuser und wurde fast in demselben Jahre vollendet. Der völlige Ausbau nebst Ausmalung geschah 1800. Er kostete ohne die Orgel über 6000 Taler, welche auf folgende Art zusammenkamen:

Die Kirche konnte verwenden
1000
Taler
Der Herr General von Karlsburg schenkte vorerst
200
"
Der Herr Major von Biela und Herr Erich jeder 100 Taler
100
"
Das Beckersche und das Steubersche Gut jedes 50 Taler
50
"
das Johnsche Gut
40
"
das Hartlebsche, jetzt Nordhäuser Gut
30
"
jeder der 33 Hintersättler 5 Taler
165
"
das Stift Ilfeld für die Familienstifte für 5 Zinsgüter
100
"
Die Gemeinde verpachtete 10 Acker urbar gemachtes Rasenland auf 20 Jahre vorschußweise
800
"
Ein Hauptmann von der Horst, der sich einige Zeit auf der Karlsburg aufhielt, gab zur Erbauung der Orgel
100
"
derselbe noch als bleibendes Kapital, welches aber nach seinem Testament auf Erkenntnis des Konsistorii (der Kirchenbehörde) dazu mitverwandt wurde
200
"
und die schon davon genommenen Zinsen
40
"
die Gemeinde gab freiwillig
173
"
ein gut denkender Hintersasse, Christian Kaps,
50
"
die Gemeinde an monatlichen Beiträgen
34
"
dieselbe erborgte noch
252
"
Summa
3484
Taler

Auch kam noch etwas durch eine Kollekte in den Ämtern Heringen und Kelbra zusammen.

Den Turm übernahm der Herr General von Karlsburg zu bauen gegen die Vergünstigung eines neuen Erbbegräbnisses und eines Familienstuhls unter dem Turm, welches Versprechen sein Sohn, der Kreishauptmann von Karlsburg, gelöst und den schönen Turm mit einer Repetieruhr versehen hat.

Die Notwendigkeit, eine neue Pfarrwohnung zu bauen, war ebenfalls schon lange fühlbar, denn in den letzten Jahren mußte die Wohnstube sogar gestützt werden. Es geschah dieses während der Prediger – Vakanz 1806, wozu obige 10 Acker nochmals auf 30 Jahre für 1500 Taler verpachtet wurden.

Nun ist wieder ein Schulbau nötig, für den man vielleicht schon etwas getan haben würde, wenn nicht die Retirate (Aborte) in den Pfarrbaujahren 1806 hinzugekommen wäre, in welchem Jahre Sundhausen außerordentlich litt, wie der Greuel der Verwüstung noch lange hinterdrein bewies. Kurz, die Anstrengungen dieses Ortes, welche in vorzüglichen Maße der Edle von Karlsburg, dann die übrigen Honoratioren (Standespersonen), ja, alle Gemeindeglieder und überdies die milden Wohltäter von der Horst und Kaps für das Äußere des Religionswesens gemacht haben, sind nachahmungswürdig und müssen unvergeßlich bleiben.“ – Soweit die Chronik des Leimbacher Pastors Leopold.

Die für den Kirchturmknopf bestimmte Urkunde aus dem Jahre 1880 fährt fort:

„Der von Bielasche Klosterhof sowie noch drei kleinere Klosterhöfe sind durch Kauf in die Hände des Herrn Geheimen Kommerzienrates Wilhelm Schreiber zu Nordhausen übergegangen. Der eine Klosterhof befindet sich noch in den Händen der Familie John, und der andere gehört dem Herrn Bruno Prophet. Das Rittergut Karlsburg ist noch in den Händen der von Karlsburgschen Familie. Auf der Stelle, wo früher das Dorf Nenzelsrode war, ist ein zum Rittergut gehörendes Vorwerk gebaut und ist demselben unter Genehmigung der Königlichen Regierung zu Merseburg der Name Nentzelrode wieder beigelegt worden.

Am 1. Dezember 1875 hat eine Volkszählung stattgefunden und hat diese eine Seelenzahl von 558 für Sundhausen ergeben. Am 1. Dezember dieses Jahres (1880) wird wiederum eine Volkszählung stattfinden und ist anzunehmen, daß die Einwohnerzahl auf 600 gestiegen sein wird.

Im Jahre 1871 wurde die alte, unbrauchbare gewordene Orgel durch eine neue, schöne ersetzt. Der Preis dieser Orgel belief sich auf 1054 Taler 27 Silbergroschen 6 Pfennig. Der Erbauer war der Orgelbaumeister Strobel aus Frankenhausen. Die Kosten für diesen Bau wurden wie folgt aufgebracht:

Die Kirche zahlte aus ihrem Vermögen
400 Taler
die Gemeinde
150
der Rittergutsbesitzer Alfred von Karlsburg
200
der Geheime Kommerzienrat Schreiber
304 Taler
27 Silbergroschen 6 Pfennig

 

Altar und Taufbecken Die Orgel ist ein prächtiges Werk und wurde am 16. März 1871 eingeweiht. Orgel und Empore In diesem Jahre 1880 wurde auf Beschluß der Kirchengemeindeorgane auf Kosten der Kirche eine prachtvolle violette Altar-, Kanzel- und Taufsteinbekleidung von Plüsch gekauft. Der Preis beläuft sich auf beinahe 400 Taler. Das Pfarramt wird versehen vom dem Herrn Pastor Adolf Glöckner seit dem Jahre 1869. Derselbe hat die Tochter des in Sundhausen im Amt gewesenen und hier verstorbenen Pastors Fischer zur Frau.

Als Kantor, Küster und Schullehrer fungiert Herr Edwin Voigt seit 1860.“ - Soweit die Urkunde des Kirchturmknopfes vom Jahre 1880.

Im Sommer 1935 mußte der Knopf wiederum heruntergenommen und ausgebessert werden. Sonntag, den 22.9.1935 wurde er wieder aufgesetzt, und zwar von dem Sundhäuser Dachdeckermeister Otto Hake. Die neue Fahne auf dem Knopf wurde von dem Nordhäuser Klempnermeister See hergestellt. Die Meister und Gehilfen erhielten aus Dankbarkeit für gut geleistete Arbeit ein Essen in der Schenke.

Im Kirchturmknopf fand sich 1935 das Zeitungsblatt „Nordhäuser Courier“ vom 13.7.1880. Das war die konservative Zeitung jener Zeit. Die Expedition befand sich in der Rautenstraße in Nordhausen. Aus dieser Zeitung sei hier angefügt: Es kosteten damals zum Höchstpreis:

100 kg
Weizen
23,55
Mark
"
Roggen
22,62
"
"
Gerste
19,33
"
"
Hafer
18
"
"
Kartoffeln
7,5
"
1 Schock
Eier
2,5
"
"
Käse
3
"
1 kg
Rindfleisch
1,36
"
"
Schweinefleisch
1,32
"
"
Kalbfleisch
1
"
"
Hammelfleisch
0,8
"
"
Speck
1,6
"
"
Butter
2
"

 

  Geöffneter Turmknopf und Wetterfahne Inhalt der Kapsel 2008 wurde die Turmspitze von einem Orkan abgeknickt und musste aus Sicherheitsgründen abgenommen werden. Im Oktober 2010 wurde der Turmknopf repariert und die Zeitkapsel mit weiteren Zeitdokumenten befüllt. Die Turmspitze wurde etwas später, im April 2011, neu aufgesetzt.