1680 wurde Martin Matthiä Schuldiener oder Kantor oder Lehrer in Sundhausen. Er war hier bis 1704, also 24 Jahre im Amte, d.h. bis zu seinem Tode. Bei jedem Begräbnis mußte er mit den Schulkindern am Grabe singen. 1680 brach in Nordhausen die Pest aus. Im April 1681 soll jemand, wahrscheinlich ein Knecht der Sundhäuser Schäferei, eine Kette in Nordhausen gekauft und durch sie die Pest nach Sundhausen gebracht haben zum Schafmeister Wenkel in die Schäferei. Da erkrankte die Dienstmagd und starb am 7.4.1681. Am 24.4. starben zwei Söhne des Schäfers, am 27.4. seine Ehefrau und ein Knecht, am 30.4. sein dritter Sohn, am 6.5. die jüngste Tochter und am 9.5. noch ein Sohn und der Schafmeister Wenkel selber. Jetzt weigerte man sich, die Toten auf dem Kirchhof zu bestatten, weil sich die Kirchgänger fürchteten, sie könnten sich anstecken. So begrub man die letzten drei Toten im Garten der Schäferei. Aber der Totengräber gab sich nicht dazu her. Da ließ sich der mutige Hans Apel als Pesttotengräber werben. Der Schuldiener war bei jeder Beerdigung zugegen gewesen und hatte die Schulkinder singen lassen am Grabe.
1682 mußte er seine drei Kinder und seine Frau hergeben. Seine Seine Kirchenbucheintragungen lauteten: „Am 14.5.1682 ist mein Töchterlein Barbara im Herrn selig entschlafen, 7 Jahre 3 Wochen 3 Stunden alt. Gott verleihe dem Körper in der Erden eine sanfte Ruhe und am jüngsten Tage eine fröhliche Auferstehung zum ewigen Leben“. 5 Tage darauf stirbt sein Sohn Johann Georg, was er auch mit großem Schmerz notiert, und dann schreibt er: „Den 3.6.1682 ist mein Töchterlein, darauf meine herzige, liebe Hausfrau selig verschieden. Den ersten heiligen Pfingsttag sind beide christlich miteinander begraben. Gott verleihe ihnen eine sanfte Ruhe und fröhliche Auferstehung zum ewigen Freudenleben. Amen.“ In der Pestzeit tauft er selbst ein Kind, da kein Priester zu haben war. Eine andere Taufe wurde wegen des ansteckenden Pesthauches nicht in der Kirche, sondern „am Wasser bei der Weide“ vollzogen. Lehrer Matthiä hat das große Sterben überstanden.
Matthiäs Nachfolger im Schulamt in Sundhausen war der Schuldiener Ladesack. Er wurde 1678 in Windehausen geboren und 1706 in Bilzingsleben getraut. Für das Jahr 1711 trägt er ins Kirchenbuch ein: „Sind 9 Kinder in diesem Jahre getauft, 5 Knaben und 4 Mägdelein, worunter ein Paar Zwillinge.“ 1708 schreibt er: „Dem Schuldiener Johann Andreas Ladesack ist sein erstes Töchterlein den 27. Januar nachmittag 2 Uhr zur Welt geboren und am 31. getauft worden.“ Seine Kirchenbuchführung versah er seit 1720 lückenhaft, deshalb übernahm sie der Pfarrer. Ladesack starb 58 Jahre alt am 4. Weihnachtstag 1736. Er kam 1704 nach Sundhausen.
Auf Ladesack folgte 1737 Kantor und Schuldiener Johann Nikolaus Stein. Er stammte aus Günzerode und wurde am 9.5.1743 mit Jungfrau Maria Magdalena Dörrgen, der ältesten Tochter des Herrn Konrad Heinrich Dörrgen, des Sundhäuser Ilfeldschen Stiftsgutes Verwalter, nach dreimaliger Proklamation zusammengegeben. Aber seine Frau starb schon am 3.6.1747 nach der Geburt eines Knaben in Kindsnöten. Er heiratete am 7.11.1747 Dorothea Margareta Schäfer, die älteste Tochter des hiesigen Pfarrers Schäfer. Er starb am 31.12.1752 an Schwindsucht. Seine Frau gebiert nach seinen Tode noch ein Töchterchen.
Kantor Thiemert (Joh. Georg Christoph Thiemert?) gründete 1755 einen Adjuvantenchor, der sonntags bei der Kirchenagende, d.h. in der Liturgie mitsang und an Festtagen die Gottesdienste durch Instrumentalmusik verschönte. Förderer dieses Chores waren der Schulze Hartleben und der Geschworene Kaps, die beide 1767 in hohem Alter starben.
Kantor Johann Wilhelm Friedrich Schmelzer war der einzige Sundhäuser Lehrer, der unverheiratet geblieben ist. 1845 wird ihm von Pfarrer Fischer bezeugt, daß er eine tüchtige Gewandtheit in Behandlung seines Lehrstoffes und Fleiß und Treue gezeigt habe. Er hatte rund 50 Kinder in zwei Klassen zu unterrichten. 1847 heißt es, daß er sich mit viel Liebe der Leitung eines neu errichteten Gesangvereins unter jungen Leuten unterzogen habe. Das habe auf das Gemüt und die Berufsfreudigkeit des Lehrers, der meist in trauriger Abgeschlossenheit von der Gemeinde lebte, einen recht wohltuenden Einfluß ausgeübt. Damals war es üblich, vor Ostern, dem Schuljahresabschluß, eine öffentliche Schulprüfung in Gegenwart der Eltern abzuhalten. Sie wurde 1850 am Sonntag Invokavit (erster Fastensonntag nach Aschermittwoch) von 12 bis 16 Uhr in Anwesenheit vieler erwachsener Gemeindemitglieder abgehalten. Nach Gesang und Gebet katechisierte Kantor Schmelzer über Zweck und Segen des Gottesdienstes. Es wurden Proben der älteren Kinder im Schönschreiben vorgelegt. Nachdem die 2. Abteilung der Unterstufe in Schreiben, die 1. Abteilung der Unterstufe in Lesen und Rechnen, die 1. Klasse, d.h. die letzten Schuljahre im Rechtschreiben auf Bogen und an der Wandtafel Proben ihres Könnens abgelegt hatten, wurde die Prüfung mit dem Lesen eines Abschnittes aus der Apostelgeschichte und mit Gebet und Gesang geschlossen. Lehrer Schmelzer trat 1857 in den Ruhestand. Er starb am 6.4.1867, 75 Jahre alt, in Sundhausen.
Sein Nachfolger wurde Lehrer Hake aus Großwerther. Von ihm heißt es, daß er mit tüchtiger Kenntnis seine Stelle verwalte und daß er die sehr schätzenswerte Gabe besitze, die Kinder anzuregen, so daß alle mit Lust zur Schule kämen. Einem Vater, der Kantor Hake in seiner Wohnung beleidigt hatte wegen Züchtigung seines Sohnes, der sich nicht über einen Stuhl legen lassen wollte, diktierte der Schulvorstand 1858, 15 Silbergroschen Strafe in die Ortsschulkasse zu zahlen. Eine Schulprüfung, die 1860 an einem Montag in der Schule in der Gegenwart des Schul- und Gemeindevorstandes von 9 bis 12 Uhr stattfand, verlief so: Pfarrer Koch aus Uthleben als Vertreter des Ortsschulinspektors hielt eine Ansprache. Sodann prüfte Kantor Hake die älteren Kinder über den zweiten Glaubensartikel, über die Bedeutung des alten und neuen Bundes und über die Bedürftigkeit der Erlösung. Die Kinder antworteten gut auf seine Fragen. Dann mußten sie eine gelesene Erzählung aus dem Gedächtnis auf die Schiefertafel schreiben. Dazu kamen die übrigen Prüfungsgegenstände.
Kantor Voigt war der Nachfolger von Lehrer Hake. Er wurde am 24.5.1827 geboren und 1860 nach Sundhausen versetzt. Religion war das wichtigste Unterrichtsfach. Seit 1863 wurde genau nach dem Krügerschen Katechismus geprüft, d.h. die Kinder mußten alle darin aufgeführten Bibelsprüche auswendig aufsagen können. Jedes Jahr fand zu der Zeit im Kreise eine Lehrerkonferenz statt. 1867 erhält Voigt den Schulamtsaspiranten Gänsehals aus Niedersachswerfen, der an Gehalt außer Wohnung und Kost monatlich 6 Taler bekommt, zum Schulhelfer. Denn er war viel krank. 1868 herrschte in seiner Familie sogar ansteckende Krankheit, so daß der Schulunterricht in das Petersche Schanklokal verlagt werden mußte. 1882 bittet Kantor Voigt um Zulage, da sich die Anstellung eines zweiten Lehrers und damit die erhoffte Erleichterung seiner Schularbeit noch weiter verzögert. Voigt hat 155 Schulkinder zu betreuen. Sein Jahreseinkommen beträgt 1052 Mark außer freier Wohnung und Heizung. Die Wohnung ist 90 Mark wert; für Heizung der Schulklasse erhält der Lehrer 75 Mark. 60 Mark des Gehaltes brachten Lehrer und Kinder durch den Neujahrsumgang auf, der aber bald abgelöst, d.h. abgeschafft wurde. 1884 wird Frau Kantor Voigt mit dem Hand- oder Nadelarbeitsunterricht der Mädchen betraut und erhält dafür jährlich 45 Mark aus der Gemeindekasse. 1887 hat der Schulvorstand die Gewährung eines Staatszuschusses zu den Unterhaltskosten der zweiten Schulstelle beantragt. Es wurden 75 Mark jährlich bewilligt. Am 14.2.1888 teilt das Konsortium in Stolberg dem Schulvorstand mit, daß die zweite Schulstelle mit Genehmigung Seiner Erlaucht des regierenden Grafen von Stolberg mit dem Seminarabiturienten (= Abgänger) Herrmann Kratz neu besetzt werden soll und schreibt: „Da das über seinen Charakter und seine Fähigkeiten an zuständiger Stelle eingeholte Gutachten sich außerordentlich günstig ausgesprochen hat, so zweifeln wir nicht, daß für die Schule wie bisher gut gesorgt sein wird.“ Die Dotation (Ausstattung) für die zweite Lehrerstelle beträgt 750 Mark, dazu kommt freie Wohnung und Entschädigung für Feuerung 90 Mark, für Turnunterricht werden 25 Mark extra bewilligt. Dem Kantor Voigt wird die neue Schule am Gemeindeplatz und der Dorfbrücke und dem zweiten Lehrer die alte Schule neben der Kirche zur Wohnung zugewiesen. 1889 verhandelte man über Voigts Pensionierung d.h. Versetzung in den Ruhezustand. Er hatte zu der Zeit ein Jahresgehalt von 1148 Mark. Auf Zureden blieb er aber noch ein Jahr im Amte. 1890 schied er jedoch und zog nach Nordhausen, wo er auch verstarb. Er galt als ein strenger Lehrer. Wehe, wenn ein Kind der letzten Jahrgänge in der Kirche fehlte oder im Gottesdienst unaufmerksam war! Dann folgte strenge Strafe. Als er sich am Ende seiner Lehrertätigkeit von seinen Schülern verabschiedete, erbat er sich von seiner besten Schülerin die beschriebene Schiefertafel zum Andenken aus. Er erhielt sie, und sie war noch lange nach seinem Tode im Besitz seiner Tochter. – Ein Bericht des Stolberger Konsistoriums über Voigt von 1860 lautete: „Zu unserer Freude hat die Schulvisitation herausgestellt, daß der Kantor Voigt mit großer Treue und unter Gottes Segen mit gute, Erfolg unter Leitung des Pfarrers Glöckner an der Hebung des Volksschulwesens in der Gemeinde Sundhausen bei großen entgegenstehenden Hemmnissen gearbeitet hat. Im einzelnen bemerken wir, daß die Ober- und Mittelstufe in der Religionslehre echt gut, im Deutschen, Rechnen, Geschichte und Zeichnen gut, in Geographie befriedigend und im Gesang recht gut gefördert war. Die Unterabteilung hat in der Religionslehre und in dem deutschen Sprachunterricht einen guten, im Rechnen einen befriedigenden Anfang gemacht.“ – Kantor Voigt hatte einmal einen Streit mit der Gemeinde wegen des Schulheizens, da sie nur 16 Taler zahlen wollte. Er stellte folgende Kostenrechnung auf:
4 Meter Holz je 3 ½ Taler
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14 Taler
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1 Schock Wellholz
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3 Taler
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Fuhrlohn
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2 Taler 15 Silbergroschen
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Spalterlohn
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2 Taler
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Wellholz klein machen
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2 Taler 20 Silbergroschen
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Summe:
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23 Taler 35 Silbergroschen
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Auf der Lehrerkonferenz vom 27.6.1865 in Sundhausen hielt Kantor Voigt mit der ersten Abteilung seiner Klasse eine Musterlektion über ein Lesestück nach den Regulativen, das waren die Unterrichtsvorschriften vor der Einführung der „Allgemeinen Bestimmungen für die preußischen Volksschulen“ vor 1860.
Im Schuljahr 1876/77 unterrichtete Kantor Voigt als alleinstehender Sundhäuser Lehrer 93 Kinder, nämlich 39 Jungen und 54 Mädchen. Die Ferienlage verordnete damals das hochwürdige Konsistorium in Stolberg. Schulrevisionen fanden durch den Ortsschulinspektor Pastor Glöckner am 18.10., 3.11. und am 1.12.1876 am 14.1., 1.2. und 1.3 1877 statt. Die Schulversäumnisliste wurde sorgfältig geführt.
Am 2.7.1884 starb der 23-jährige Theologiestudent, Sohn unseres Kantors Voigt, an Lungenschwindsucht, heute sagt man TBC oder Tuberkulose. Er hieß Paul August Wilhelm Voigt. (Über Lehrer Voigt siehe S. 119ff)
Am 30.8.1885 wurde zum Nachfolger des nach Uthleben versetzten Pastors Glöckner Pastor Richter gewählt. Am 18.10., also nach zwei Monaten, wurde er hier in sein Amt eingeführt. Mit ihm zugleich wurde auch der neu angestellte zweite Lehrer Lui Dreyling eingeführt und das neue zweite Schulhaus an der Helme, heute Kirchplatz Nr. 1, eingeweiht.
Zum 1.1.1888 ließ sich Lehrer Dreyling nach Nordhausen versetzen. Als 1888 am 9.3. der deutsche Kaiser Wilhelm I. 91 Jahr alt, in Berlin starb und am 15.6. auch sein Sohn Kaiser Friedrich III. starb, wurde je 14 Tage lang täglich eine Stunde geläutet.
Ostern 1888 wurde der junge Lehrer Hermann Kratz der Nachfolger Dreylings.
Am 2.10.1888, das war am Erntedankfest, fand hier eine Kirchenvisitation durch Superintendent Albrecht statt. Dabei hat in der Nachmittagskirche der alte Kantor Voigt mit den älteren Schulkindern über Philipper 4,6 katechesiert. Da heißt es: „Sorget nichts, sondern in allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundtun.“
1889 wurde von Pastor Richter als Ortsschulinspektor eine Schulsparkasse für die Schulkinder eingerichtet.
1890 trat hier Kantor Kleeberg die Nachfolge von Kantor Voigt an. Er kam aus Haferungen.
1894 lag Pfarrer Richter mit der Gemeinde im Streit. Das Konsistorium mußte einschreiten, den Frieden wieder herstellen.1899 ließ sich Kantor Kleeberg schon wieder versetzen.
Ihm folgte Kantor Bischof aus Schwerstedt.
Der hier seit 1916 auftragsweise angestellte Lehrer Minameyer wurde 1918 nach Uthleben versetzt. Für ihn trat ein Fräulein Knauf aus Könnern hier ihren Schuldienst an.